Am 8. Dezember 2021 hatten wir Pierre Kretschmer zum ersten Mal vorgestellt. Er hatte im Mai 2019 die deutsche Meta Quest Familie als Facebook Gruppe gegründet.
Seit unserem letzten Interview hat sich bezüglich deiner Facebook Gruppe viel getan. Jetzt wurde deine Gruppe für den Facebook Community Accelerator 2022 ausgewählt. Herzlichen Glückwunsch dazu.
Erzähl uns bitte ein bisschen mehr: wie groß ist die Gruppe mittlerweile und was ist in den vergangenen Monaten alles passiert?
Tatsächlich hat sich innerhalb des vergangenem Jahres sehr viel bei der Meta Quest VR Familie getan. Wir sind nach wie vor die größte Facebook Community zum Thema virtuelle Realität im DACH-Bereich und haben zudem durch unsere Aktivitäten im Bereich Social VR viel Aufmerksamkeit auf uns gezogen. Gerade unsere regelmäßigen Treffen im Microsofts Metaverse System Altspace VR innerhalb unserer Community haben das Interesse von Meta auf uns gelenkt. Dadurch sind wir in regelmäßigen Kontakt mit dem Unternehmen gekommen. Nachdem Facebook sich in Meta umbenannt hat und das Thema Metaverse in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, haben wir festgestellt, dass im Grunde genau diese Thematik seit rund zwei Jahren zur Hauptaktivität unserer Gruppe geworden ist. Mit einigen Meta Mitarbeiter:innen haben wir uns dann zusammen auch unsere virtuellen Welten angesehen und damit zeigen können, was wir bereits in diesem Bereich an Pionierarbeit geleistet haben.
Darüber hinaus sind auch weitere große Gruppen auf mich zugekommen, die das Thema VR und Metaverse in ihren Communities perspektivisch integrieren möchten. Sie sehen mit dem Web 3 die Zukunft in Social Media.
Die Gruppengründerin Sonja M. Bart der Krautgeschwister, einem DIY Projekt um das Thema Kräuter, Natur und Gesundheit mit rund 120.000 Nutzer:innen , hat beispielsweise im April 2022 ihren ersten virtuellen Vortrag in ihrem eigenen Raum im Altspace gehalten und nutzt diesen nun als Informationsmedium.
Sonja und ich arbeiten heute sehr eng zusammen, und sie führt als Administratorin meine Gruppe seit einiger Zeit mit.
Torsten Brämer von „Wir sind Garten“ leitet mit 700.000 Nutzer:innen auf allen seinen Kanälen die größte deutsche Garten Communitiy und plant ebenso, die VR und AR Technik in seinen Bereich zu nutzen.
Der #DMW – Digital Media Women e.V., die größte deutschsprachige Community für Frauen in der Digitalsphäre zählt derzeit 32.000 Community Mitglieder über mehrere Plattformen und möchte in Zukunft ihren Mitgliedern mit Hilfe von VR Formaten die Skills für neues Arbeiten nahe bringen. Zu treffen sind die #DMW z.B. in München auf dem Female Future Festival und bei eigenen Veranstaltungen. Wir stehen mit der Vorsitzenden Frau Samira Djidjeh im regen Austausch.
Aktuell sehen wir ein sehr hohes Potenzial im Bereich Communities und auch bei Unternehmen, diese Technik und das Thema Web 3.0 in die Breite zu bringen. Auf jeden Fall lernen wir völlig neue Einsatzmöglichkeiten kennen, an die wir vor kurzem noch nicht ansatzweise gedacht haben.
Mittlerweile vermeide ich sogar bei Touren durch meine VR Welten, den Besuchern von möglichen Einsatzgebieten zu erzählen. Viel spannender finde ich es, dass sie inspiriert von der Visualität ihre eigenen Ideen entwickeln. Und diese sind im Bereich der Kommunikation, Life – Work Balancing, Aus- und Weiterbildung enorm vielfältig.
Aus diesem Blickwinkel heraus durchlebe ich mit meiner Gruppe nicht nur eine interessante Entwicklung, sondern erhalte eine neue Sichtweise auf das Thema Metaverse. Nach wie vor sind wir überzeugt davon, dass ein Metaverse als eine Art evolutionär technischer Schritt eine neue Form des gesellschaftlichen Miteinanders darstellen wird. Dieser Aspekt meiner Arbeit im Bereich meiner Community hat schließlich dazu geführt, dass ich mich zusammen mit Sonja M. Bart für den diesjährigen Facebook Community Accelerator beworben habe.
Was genau ist der Facebook Community Accelerator?
Communities sind für Meta ein wichtiger Bestandteil, da sehr viele Nutzer:innen regelmäßig die Plattform besuchen, um Informationen auszutauschen und sich in Interessensgemeinschaften zu bündeln. Diese Gruppierungen haben schon lange das klassische Internetforum abgelöst, auch wenn Social Media Plattformen wie Facebook, LinkedIn, Discord eher in sich geschlossene Systeme sind und im Kontrast zu den offenen und von überall her einsehbaren Internetplattformen stehen. Meta bietet seit einigen Jahren ein Förderprogramm für Communities an, die hauptsächlich einen sozialen oder gesellschaftlichen Aspekt verfolgen. Jetzt wird dieses Programm zum dritten Mal im DACH Bereich angeboten. Nach einer Bewerbung zum Accelerator Programm werden rund 140 Communities weltweit für das Programm ausgesucht. Die geförderten Gruppen erhalten ein Fördergeld von 40.000 USD für ein Community Projekt um die jeweilige Gruppe entsprechend auszubauen. Zudem bekommen die Gruppen eigene Coachings und Fortbildung im Bereich Social Media. Diese Coachings werden seitens Founders Intelligence / Accenture für Meta übernommen. Das Programm läuft geführt bis Ende März, und das geplante Projekt soll bis Mitte nächsten Jahres umgesetzt sein.
Was hast Du mit Deiner Community im Rahmen dieses Förderprogramms vor?
Mein Ziel ist es, eine Informationsplattform für Communities zum Thema Web 3 und damit verbunden das Metaverse, Blockchains, NFTs und Social VR aufzubauen.
Hier sollen Informationen gebündelt werden, sich Communities mit ihren Inhalten und Wünschen untereinander vernetzen und sich über die für sie passenden Metaverse Systeme informieren können. Dabei sollen sie andere Menschen finden, die ihnen bei der Umsetzung ihrer Visionen helfen.
Dazu habe ich ein Team aus meiner Community zusammengestellt, das mit Fachleuten aus den Bereichen Communities, Webdesign, Film und Krypto kommt. Ich denke, dass wir damit zusammen im Stande sind, ein interessantes und vor allem für Communities hilfreiches Projekt umzusetzen. Hier ist unser Bewerbungsvideo.
Was ist Eure Zielsetzung bzw. Eure Beweggründe bezüglich der Informationsplattform?
Im Grunde kann man das alles unter dem großen Dach der Medienkompetenz sehen. Egal, welche neue Medien man in der Vergangenheit betrachtet, sie haben Diskussionen hervorgerufen. Ich denke dabei an die Zeiten der Videotheken und Änderungen im Bereich des Jugendschutzes, Indizierungen von Medien, Verschärfung der Regularien, da man entsprechende Gefahren und negative gesellschaftliche Auswirkungen in Büchern oder Filmen gesehen hat. Später hat sich das auf dem Bereich Gaming verlagert bis hin zu der uns noch in den Ohren klingenden Killerspieledebatte. Heute haben wir diese Sichtweisen auch im Zuge eines Generationswechsels größtenteils hinter uns gelassen und erkannt, dass der sorgsame Umgang mit Medien und deren Techniken ein ständiger Lernprozess und der Schlüssel dazu die Steigerung der Medienkompetenz ist.
Bei der virtuellen Realität müssen wir uns im Klaren sein, dass es neben den vielen WOW Effekten auch die „dunkle Seite der Macht“ gibt, die wir erkennen müssen, damit wir rechtzeitig und vernünftig zielführende Lösungen dafür entwickeln. Im Grunde gibt es beim sich Bewegen und miteinander Interagieren in der VR kaum Unterschiede zur Realität. VR Begegnungen können sogar mangels der Physis ungefährlicher als in der Realität sein, eröffnen aber auch neue Möglichkeiten, Irritationen im gemeinschaftlichen Umgang und vielleicht auch bei sich selbst zu erleiden.
Unter dem Strich hat aber all diese Technik das Potenzial, gesellschaftliche Veränderungen hervor zu rufen, reale Probleme zu lösen, Menschen von überall her miteinander zu verbinden und am Ende die Chance auf eine Völkerverständigung zu verbessern. Communities in den sozialen Medien bringen Menschen auf unglaublich verschiedene Art und Weise zusammen. Darin haben wir in der Vergangenheit viele Erfahrungen im Web 2 sammeln können. In der Social VR werden wir aber eine andere Form des Umgangs erfahren. Das ist der Grund, warum die Communities sich frühzeitig mit Social VR und dem Metaverse beschäftigen müssen, damit sich das alles in eine gesunde Richtung entwickeln kann.
Dass das Thema Web 3 und Metaverse kommt, das ist für mich gesetzt. Große und namhafte Unternehmen investieren weltweit eine Menge Geld in die Entwicklung, als dass das nur eine fixe Idee sein könnte.
Mit unserer Plattform wollen wir damit eine Grundlage für den vernünftigen Umgang mit diesen Zukunftsmedien schaffen. Und ich glaube nicht, dass wir damit zu früh dran sind.
Wie siehst Du weiterhin die Zukunft in Bezug auf Social VR, Communities und darüber hinaus?
Auch wenn man heute oft in der Presse ein anderes Bild zu zeichnen versucht, das Metaverse wird sich weiterentwickeln. Das Vorantreiben der Technik und der damit verbundenen Idee, ein immersives Internet zu erschaffen, ist mit einem wahnsinnigen Aufwand verbunden. Es müssen nicht nur neue Techniken entwickelt oder erfunden, es muss die Netzinfrastruktur ausgebaut bzw. auch überdacht werden und dazu kommen die vielen Ideen rund um die Software und das Design. Hier entstehen viele neue Herausforderungen, die extrem spannend sind.
Der Schulterschluss neulich von Meta und Microsoft zeigt aber auch, wohin die Reise geht. Die Zeiten der Pandemie, in der Privatpersonen auf digitalen Wege ein gesellschaftliches Miteinander suchten, sind im Grunde vorbei. Natürlich nutzen viele diese Techniken noch, aber sicherlich nicht mehr im gleichem Umfang wie vorher. Aber ein Homeoffice und die Webkonferenz bleiben weiterhin bestehen. Und das ist es nun, wohin sich Dinge verlagern, denn auf der einen Seite sind einfache Videomeetings schon langweilig geworden, haben sich aber etabliert. Sie machen auch aus Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit Sinn. Zum anderen finden sich beim Homeoffice neue Probleme, gerade in Bezug auf die Beziehung von Mitarbeiter:innen untereinander und zum Unternehmen selbst. Hier bieten sich im Bereich Social VR neue Methoden, um dennoch ein Gefühl der Firmenzugehörigkeit und des Miteinanders zu stärken.
Parallel dazu und fast schon mit dem gleichen Hintergrund entwickeln sich die Communities. Wir überbrücken da oft räumliche Distanzen mit Webcams und Chats, aber die Webcam verliert ganz schnell an Bedeutung, sobald man das erste Mal eine virtuelle Begegnung mit einer VR Brille erlebt hat. Das eröffnet Communities völlig neue Möglichkeiten, Menschen innerhalb ihrer Gruppen zu verbinden um eine neue Art von Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Natürlich haben noch wenige gerade in den nichttechnischen Gruppen eine entsprechende Hardwareausstattung. Aber es gibt heute schon interessante Wege, VR und alte 2D Technik zu verbinden, damit alle davon partizipieren können. In Horizon Workrooms führen wir heute Meetings schon aus der VR heraus und schalten User mit Webcams dazu. Auf jeden Fall merke ich ein gesteigertes Interesse im Bereich Business und Communities. Gerade darin können wir hier in Deutschland ganz neue Wege finden, Unternehmen und andere gesellschaftliche Gruppierungen interessanter und vor allem innovativer zu gestalten.
Hier nochmal alle Links:
Meta Quest VR Familie: https://facebook.com/groups/oculusvrgermany
Krautgeschwister: https://www.krautgeschwister.de
#DMW (Digital Media Women): https://www.digitalmediawomen.de
Wir sind Garten: https://www.wiersindgarten.de